Kläranlage Reute
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Das Klärwerk Reute muss in der Spitze 48,5 l/s Abwasser behandeln. Da bei Niederschlagsereignissen der Kläranlage aber wesentlich mehr Abwasser zufließt, muss die Zulaufmenge reduziert werden. Dies geschieht mit einem Drosselschieber. Damit das Abwasser im Kanal nicht rückstaut, wird das überschüssige Abwasser an dem Drosselbauwerk über eine Schwelle in das benachbarte Regenüberlaufbecken eingeleitet
Im Regenüberlaufbecken können bis zu 250 m³ an Niederschlagswasser zwischengespeichert werden. Übersteigt der Abwasseranfall das Speichervolumen des Beckens, so läuft das Becken über und es wird Abwasser in den Durlesbach abgeschlagen. Dieses Abwasser wurde durch die Abscheidung der partikulären Inhaltsstoffe infolge von Sedimentationsvorgängen zuvor noch mechanisch gereinigt. Bei rückläufigen Abwassermengen im Kläranlagenzulauf wird das im Regenbecken gespeicherte Abwasser mit Hilfe einer Schneckenpumpe entleert und in der Kläranlage gereinigt.
Im Klärwerk Reute sind Rechen, Sand- und Fettfang in einer Kompaktanlage zusammengefasst. Der Aufbau dieser Kompaktanlage ist in der Abbildung rechts skizziert.
Rechen
Vom Geröllfang fließt das Abwasser zum Rechen. Der Rechen besteht aus einem Rechenkorb (Stababstand 6 mm) und einer Harke. Der Korb wird von dem Abwasser durchströmt. Gröbere Abwasserinhaltsstoffe wie z.B. Papier und sonstige Hygieneartikel bleiben in dem Korb hängen. Das Rechengut wird mittels einer umlaufenden Harke entfernt und in das zentrale Pressrohr abgeworfen. Nach Waschung und Abpressen des Wassers wird das Rechengut in einen Container gefördert und entsorgt. Im Klärwerk Reute fallen jährlich ungefähr 4 t an Rechengut an.
Sand- und Fettfang
Auf den Rechen folgen der Sand- und Fettfang. Im Sandfang wird die Strömungsgeschwindigkeit des Abwassers durch eine Querschnittsvergrößerung soweit abgesenkt, dass sich Sande absetzen können. Der Sand wird mit einer Förderschnecke entnommen in einen Container abgeworfen und anschließend entsorgt. Der Sandanfall im Klärwerk Reute liegt bei rd. 10 t pro Jahr.
Damit sich im Sandfang keine organischen Inhaltsstoffe ablagern, wird auf einer Seite des Sandfangs Luft eingeblasen. Durch den Lufteintragung wird eine Strömungswalze quer zur Hauptströmungsrichtung erzeugt. Der Lufteintrag bewirkt dass die spezifisch leichteren organischen Inhaltsstoffe in Schwebe gehalten und ausgeschwemmt werden. Die Lufteinperlung im Sandfang führt zu einer Flotation der im Rohabwasser enthaltenen Fette. Diese werden von der Strömungswalze in eine seitliche Kammer transportiert und können von dort abgeschöpft und dann ebenfalls entsorgt werden.
Mit der Durchflussmessung werden die Abwassermengen erfasst. Die Mengenmessung steuert den Drosselschieber im Anlagenzulauf und die Probenhemer im Zu- und Ablauf der Kläranlage. Das Messsignal wird aufgezeichnet von der Steuereinheit ausgewertet und archiviert. Die aktuellen Durchflussmengen können ebenso wie die aufsummierten Tagesabwassermengen dargestellt werden.
Die Biologie besteht aus insgesamt 4 Belebungsbecken und hat ein Gesamtvolumen von 850 m³. In der Biologie werden gelöste Abwasserinhaltsstoffe wie z.B. Zucker, Eiweiße und Fette aber auch Stickstoffverbindungen wie z.B. Harnstoff unter der Zufuhr von Sauerstoff in einem biochemischen Prozess zu unschädlichen Produkten wie CO2, Wasser und Nitrat oxidiert. Den biochemischen Abbau¬ erledigen die im Belebtschlamm enthaltenen Mikroorganismen. Dabei laufen die verschiedenen Prozessschritte wie z.B. der Abbau der organischen Verunreinigungen, die Oxidation und Elimination des Stickstoffs sowie die Fällung des Phosphors in der Belebung parallel ab. Allerdings werden für jeden Reinigungsschritt zum Teil sehr spezifische Bakterien benötigt. All diese Bakterien findet man in einer Belebungsanlage vergesellschaftet in sogenannten Belebtschlammflocken.
Eine wesentliche Voraussetzung für einen ungestörten biologischen Reinigungsprozess ist die Versorgung der Biologie mit Sauerstoff. Der Sauerstoff wird durch die Einblasung von Luft in die Belebungsbecken bereitgestellt. Das Belüstungssystem setzt sich aus der eigentlichen Gebläsestation mit den drei Belüftungsaggregaten sowie den Lufteintragssystemen in den einzelnen Belebungsbecken zusammen.
Vor der Ableitung des biologisch gereinigten Abwassers in das Gewässer, muss zuerst der Belebtschlamm abgeschieden werden. Die Schlammabtrennung erfolgt in der Nachklärung. Das Abwasser-Belebtschlamm-Gemisch wird in der Nachklärung zentral im Mittelbauwerk eingeleitet. Dabei wird die Strömungsgeschwindigkeit stark verlangsamt und dadurch das Gemisch beruhigt. In der Folge lagern sich kleine Schlammflocken zu größeren Schlammaggregaten zusammen. Unter dem Einfluss der Schwerkraft sinken die Schlammflocken dann zu Boden. Im oberen Bereich der Nachklärung bildet sich dadurch eine Klarwasserzone. Dieses Klarwasser wird von der Beckenoberfläche über die am Beckenrand umlaufende Ablaufrinne abgezogen. Über die Ablaufrinne fließt das gereinigte Abwasser dann in den Durlesbach ab.
Die Beckensohle ist leicht geneigt. Mit der Räumerbrücke wird der am Boden abgesetzte Schlamm in den zentralen Schlammtrichter geschoben. Von dort wird der Schlamm dann als Rücklaufschlamm zurück in die Biologie gefördert, wo der Schlamm für einen erneuten Reinigungszyklus zur Verfügung steht.
Zur Kontrolle der Ablaufqualität und der Reinigungsleistung werden aus dem abgeleiteten Abwasser kontinuierlich Abwasserproben entnommen. Diese Proben werden im Betriebslabor analysiert und ausgewertet. Die ermittelten Daten werden in einem Betriebstagebuch dokumentiert und archiviert. Die Betriebsdaten werden vom Landratsamt als Überwachungsbehörde regelmäßig kontrolliert. Außerdem wird das Klärwerk Reute sechsmal pro Jahr amtlich überwacht. Dabei kommt ein externes Labor unangemeldet auf die Kläranlage und entnimmt Abwasserproben vom Ablauf.
Mit dem Rückschlammpumpwerk wird der Belebtschlamm, der in der Nachklärung vom gereinigten Abwasser abgetrennt wurde zurück in die Biologie gefördert. Im Klärwerk Reute erfolgt dies über zwei Schneckenpumpen. Die beiden Schneckenpumpen stellen sicher dass aus der Nachklärung der am Boden abgesetzte Schlamm geräumt wird. Bei Ausfall der Rückschlammpumpen, würde Belebtschlamm mit dem gereinigten Abwasser ins Gewässer gelangen.
Bei der biologischen Abwasserreinigung entsteht als Endprodukt Schlamm. Diesen Schlamm bezeichnet man als Überschussschlamm. Der Überschussschlamm muss regelmäßig aus der Anlage entfernt werden, da sonst der Schlamm bald nicht mehr zurückgehalten werden könnte und mit dem gereinigten Abwasser ausgetragen würde. Der Überschussschlamm wird nach der weiteren Stabilisierung im Klärwerk Bad Waldsee thermisch verwertet.
Im Überschussschlammeindicker wird der Überschussschlamm, der bei der Entnahme aus dem Rücklaufschlammstrom lediglich TS-Gehalte im Bereich von ca. 0,8 bis 1 % aufweist auf TS-Gehalte von über 3 % aufkonzentriert. Dadurch wird das zu transportierende Schlammvolumen ungefähr um den Faktor 4 reduziert. Dies hat unmittelbar Auswirkungen auf die Transportkosten.
Faulbehälter und Schlammsilo werden heute nicht mehr genutzt. Früher als die Kläranlage noch mit einem anderen Verfahrenskonzept betrieben wurde, wurde der anfallende Klärschlamm im Faulbehälter kalt ausgefault. Der ausgefaulte Schlamm wurde dann ins Schlammsilo verdrängt und dort gelagert bis er verwertet wurde. Zwischenzeitlich findet die Schlammbehandlung im Klärwerk Waldsee statt. Da der Schlamm regelmäßig transportiert wird sind keine so großen Volumina mehr erforderlich. Der Überschussschlammeindicker ist hierfür ausreichend.
siehe Faulbehälter
Der im Rohabwasser enthaltene Phosphor kann auf rein biologischem Wege nicht auf den in der wasserrechtlichen Erlaubnis geforderten Wert reduziert werden. Um die wasserrechtlichen Vorgaben zu erfüllen muss überschüssiger Phosphor ausgefällt werden. Hierzu werden sogenannte Fällmittel verwendet. Bei den Fällmitteln handelt es sich um Eisen- und Aluminiumsalze (z.B. FeCl3 oder AlCl3). Die in den Fällmitteln enthaltenen Eisen- bzw. Aluminiumionen reagieren dabei mit dem überschüssigen Phosphor zu schwer löslichen Eisen- und Aluminium¬phos¬phaten. Diese Salze werden in den Belebschlamm eingebunden und letztendlich mit dem Überschuss¬schlamm aus der Anlage entfernt. Zur Fällmittel¬station gehört die gesamte Infrastruktur, die für die Fällmitteldosierung benötigt wird. Hierzu gehören der Fällmitteltank zur Bevorratung des Fällmittels sowie die Dosierpumpen für die Zugabe des Fällmittels in der biologischen Reinigungsstufe.
Die Reduzierung des Phosphors im Abwasser ist deshalb so wichtig, da Phosphor der wesentliche Eutrophierungs¬¬faktor für die Gewässer darstellt. Durch den Ausbau der Phosphorelimination in den Klärwerken im Einzugsgebiet des Bodensees konnten in den letzten 30 Jahren die Phosphorgehalte im Bodensee von rd. 80 µg/l Ende der 70er Jahre auf aktuell unter 10µg/l reduziert werden. Die Wasserqualität des Bodensees als Trinkwasserspeicher für ein Großteil Süddeutschland und die Anrainer Schweiz und Österreich hat sich dadurch wesentlich verbessert.
Im Betriebslabor werden die Abwasserproben und Schlammproben untersucht. Regelmäßige Untersuchungen sind notwendig um den Reinigungsprozess bewerten zu können. Untersucht werden die wesentlichen Belastungsparameter (CSB als Maß für die organische Belastung, Stickstoff und Phosphor) des Abwassers im Zu- und Ablauf. Außerdem wird der Schlamm in der Biologie regelmäßig untersucht um eventuelle nachteilige Veränderungen frühzeitig erkennen zu können.
Die Warte und Schaltanlage ist Zentrum und Gehirn der Kläranlage. Hier wird der Prozess überwacht und gesteuert. Das Klärwerk ist außerdem über eine Datenleitung mit dem Klärwerk in Bad Waldsee verbunden. Wichtige Informationen wie Abwasserzufluss und Sauerstoffgehalte in der Biologie sowie die Betriebszustände der diversen Aggregate werden kontinuierlich übermittelt und sind auf einem Prozessbild dargestellt. Man hat die Möglichkeit vom Prozessleitrechner im Klärwerk Bad Waldsee aus auch direkt in den Prozess einzugreifen z.B. indem Aggregate zu- bzw. abgeschaltet werden.
Verfahrensbeschreibung
Im Klärwerk Reute werden die Abwässer aus Reute, Gaisbeuren, Kümmerazhofen und weiteren Teilorten im Einzugsgebiet gereinigt. Das Klärwerk hat eine Reinigungskapazität von 8.000 EW. Die aktuelle Belastung des Klärwerks liegt bei rd. 5.000 EW. Davon lassen sich rd. 4.200 EW den Einleitungen der natürlichen Einwohner und der Rest von ca. 800 EW den gewerblichen Einleitungen zuordnen. Im Klärwerk Reute werden jährlich ca. 450.000 m³ Abwasser gereinigt. Davon entfällt ungefähr jeweils ein Drittel auf das häusliche und gewerbliche Schmutzwasser, auf das Niederschlagswasser sowie auf das Fremdwasser. Fremdwasser ist unbelastetes Wasser, das über Fehlanschlüsse (z.B. an die Kanalisation angeschlossene Hausdrainagen) oder schadhafte Rohre in das Abwassernetz eindringt.
Das Abwasser wird im Klärwerk Reute mechanisch biologisch und chemisch gereinigt. Die mechanischen Reinigungsstufen umfassen den Geröllfang, den Rechen sowie denr Sand- und Fettfang. Der mechanischen Reinigung folgt die biologische Reinigung. In der biologischen Reinigungsstufe werden die im Abwasser enthaltenen Verunreinigungen durch die Aktivität der Mikroorganismen unter Zufuhr von Sauerstoff zu unschädlichen Produkten wie Wasser, CO2¸Nitrat und Stickstoffgas umgesetzt. Phosphor, der ebenfalls im Abwasser enthalten ist, wird durch die Zugabe von Fällmitteln (es handelt sich hier um Eisen und Aluminiumsalze) in schwer lösliche Metallphosphat¬verbindungen gebunden. Dieser Phosphatschlamm lässt sich dann zusammen mit den anderen Schlämmen abscheiden. Bei der Phosphatfällung handelt es sich um einen rein chemischen Prozess, weshalb man auch von chemischer Reinigung spricht. In der Nachklärung werden die Schlämme vom gereinigten Wasser abgetrennt. Das gereinigte Abwasser wird in den Durlesbach eingeleitet. Der am Beckenboden der Nachklärung abgesetzte Belebtschlamm wird mit dem Rücklaufschlammpumpwerk zurück in die Biologie gepumpt, wo der Schlamm nach Mischung mit dem mechanisch gereinigten Abwasser einen neuen Reinigungszyklus durchläuft.
Mit dem Rohabwasser werden dem Klärwerk Reute pro Jahr rd. 170 t an organischen Verunreinigungen, ca. 18 t Stickstoff und ca. 2,8 t Phosphor zugeführt. Durch die mechanische, biologische und chemische Reinigung werden 99 % der biologisch abbaubaren Abwasserinhaltsstoffe die als biologischer Sauerstoffbedarf (BSB) gemessen werden, eliminiert. Ein andere gängige Messgröße für die organischen Belastungen des Abwassers ist der chemische Sauerstoffbedarf (CSB). Mit dem CSB werden alle Abwasserinhaltsstoffe die chemisch oxidierbar sind, unter anderem auch solche die biologisch nicht abbaubar sind, erfasst. Beim CSB erreicht das Klärwerk Reute eine Eliminationsleistung von 96 %.
Von den rd. 2,8 t Phosphor die jährlich mit dem Schmutzwasser eingetragen werden, hält die Anlage ungefähr 2,6 t zurück. Dies entspricht einem durchschnittlichen Phosphorrückhalt von 93 %.
Beim Stickstoff kommt das Klärwerk Reute auf eine Reinigungsleistung von im Mittel 82 %. Das für Fische toxische Ammonium wird zu dabei zu 99 % eliminiert. Bei diesem Reinigungsprozess (Nitrifikation) wird das Ammonium zu dem für Fische nicht mehr toxischen Nitrat umgewandelt. Ein Großteil des bei der Nitrifikation gebildeten Nitrats wird in einem weiteren Prozessschritt (Denitrifikation) zu elementarem Stickstoffgas umgesetzt, das in die Atmosphäre entweicht. Bei den verbleibenden 18 % des eingetragenen Stickstoffs, der mit dem gereinigten Abwasser in das Gewässer eingeleitet werden, handelt es sich vorwiegend um Nitrat. Mit einer durchschnittlichen Nitratkonzentration von ca. 5 mg/l, sind die Nitrat-Belastungen im Kläranlagenablauf niedriger als im Trinkwasser des Versorgungsgebietes
Bei der Abwasserreinigung fallen als Endprodukt Reststoffe an. Im Bereich der mechanischen Reinigung sind rd. 4 t an Rechengut und ca. 10 t/a an Sandgut zu entsorgen. Im biologischen Anlagenteil werden jährlich rd. 85 t/TS (TS=Trockensubstanz) an Klärschlamm produziert. Dieser Klärschlamm wird als Nassschlamm (ca. 2.500 m³) ins Klärwerk nach Bad Waldsee transportiert und dort einer weiteren Behandlung unterzogen. In einem ersten Schritt wird der Schlamm in der Faulung der Kläranlage Waldsee stabilisiert. Bei der Stabilisierung wird der organische Anteil des Schlammes reduziert. Die organischen Substanzen werden zu CO2, Methan und Wasser umgesetzt. Das dabei entstehende Faulgas wird in einem BHKW zur Strom- und Wärmegewinnung genutzt. Die ursprüngliche Schlammmenge von rd. 85 t TS/a wird durch diesen Prozess um rd. ein Drittel auf etwas weniger als 60 t TS reduziert. In einem weiteren Schritt wird der Klärschlamm dann noch entwässert und anschließend in einem Kraftwerk thermisch verwertet.
Der elektrische Energiebedarf zur Reinigung der Abwässer beläuft sich im Klärwerk Reute auf rd. 140.000 kWh pro Jahr. Bei einem Anschlusswert von rd. 5.000 EW errechnet sich ein spezifischer Energiebedarf von rd. 28 kWh/EW·a. Das ist der energetische Gegenwert von etwas weniger als 3 l Heiz- bzw. Dieselöl. Wenn man bedenkt wie lange man mit dieser Ölmenge eine Wohnung beheizen kann oder wie weit man mit einem Auto kommt, so wird deutlich wie hocheffizient bzw. auch wie kostengünstig das Abwasser im Klärwerk Reute gereinigt wird.